3 Hamburger Brüder und 150 Jahre Judo Erfahrung

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2024_03_02_Zeitungsbericht_Lange_Brueder_aus_Hamburg_2.pngHamburg Das Training fand auf hartem Boden statt. Es gab nur eine einzige Dusche für zwei Dutzend Schüler. „Hat uns nichts ausgemacht“, sagt Lars Lange (57). Mit seinen beiden Brüdern Olaf und Karsten stand er im Februar 1974 als Siebenjähriger zum ersten Mal in Bergedorf auf der Matte, vor allem um zu lernen, wie man richtig fällt. Heute ist das Trio mit dafür verantwortlich, dass bei der Judo-Gemeinschaft Sachsenwald (JGS) auf einem Schwingboden und vor Spiegelwänden trainiert wird, dass genug Duschen da sind und dass Krafttraining für Mitglieder zum Gesamtpaket gehört. Die Fusion mit der TSG Bergedorf machte vieles möglich. An den harten Boden erinnern sich also nur noch Veteranen, wie die drei Brüder aus Lohbrügge.
Nachdem der heute 62-jährige Karsten Lange Judo für sich entdeckt hatte, beschloss man im Familienrat, dass alle drei Jungs bei dem damals knapp zehn Jahre jungen Verein anheuern sollten. Die Entscheidung ersparte ihren Eltern viel Fahrerei und Sorge. Obwohl: „Es gab mal ein Turnier, bei dem wir gegeneinander kämpfen mussten.

Da ist unsere Mutter dann lieber rausgegangen“, erinnert sich Lars Lange.
Zum Glück war Mutter Lange ein paar Jahre zuvor nicht auf dem Schulhof, als ihr Ältester eine Grundsatzentscheidung für sein Leben fällte. „Ich bin damals an der Grundschule Mendelstraße in Lohbrügge von Mitschülern vermöbelt worden“, erinnert sich Karsten Lange auf die Frage nach seiner Motivation für den Judo Einstieg. „Da gab es eine Clique in der fünften oder sechsten Klasse, die hat den Schulhof kontrolliert. Einer hat mir mit dem Knie zwischen die Beine getre- ten und ich habe mir geschworen: Das passiert mir nie wieder.“
Ein Freund nahm Karsten kurz darauf mit zum Judo-Training. Sport und Atmosphäre gefielen ihm. Noch besser gefiel ihm, dass er „trotz inneren Zitterns“ ein halbes Jahr später auf dem Schulhof stand und den Jungs, die ihn wieder in die Mangel nehmen wollten, signalisierte, er sei bereit. Von diesem Moment an ließen sie ihn in Ruhe, ohne dass er hätte kämpfen müssen. Bis heute gefällt Karsten Lange auch, dass man beim Judo als Erstes das Fallen lernt. Danach hat er sich mehr zugetraut. Die Angst vor dem Sturz war weg.
Können und Kampfgeist haben alle drei Brüder inzwischen zur Genüge bewiesen. Lars wurde mehrfacher Hamburger Meister in allen Jahrgängen, Karsten kämpfte ein Jahr in der ersten Bundesliga beim TH Eilbek und war Hamburger Vizemeister bei den Junioren, Olaf (59) nimmt bis heute an Wettkämpfen teil. Als mehrfacher Hamburger Meister kämpfte er zehn Jahre in der 1. Bundesliga für Eilbek, den SC Concordia und den USC Leipzig, belegte mit Mitte zwanzig den dritten Platz bei den offenen Finnischen Meisterschaften, ist amtierender deutscher Meister im Ü30 Bereich, wurde mit 50 Dritter bei der Europameisterschaft auf Kreta und im vergangenen Jahr siebter bei der Weltmeisterschaft in Abu Dhabi.
Wie seine Brüder liebt Olaf Lange das Rangeln und den Reiz herauszufinden, wer stärker ist. Die Philosophie, die Judo dabei zu weit mehr als einem Wettkampfsport macht, hat alle drei geprägt. Fairness und Respekt, die Verbeugung vor und nach dem Kampf als Zeichen der gegenseitigen Wertschätzung, all das gehört für sie dazu. Im Judo will man seinen Partner nicht kampfunfähig machen. Im Gegenteil, man braucht und schätzt sich, erklären die Drei.
Alles Tugenden, die heute nicht mehr so angesagt sind. Heute ist man, wie im Yoga, gut zu sich selbst oder jagt dem Abenteuer hinterher. „Kampfsport heißt auch, mal unten zu liegen und auszuhalten, dass einer über dir steht und lächelt“, erklärt Lars Lange. „Heute will man eher der Beste sein, ohne dass sichtbar wird, wo man an seine Grenzen kommt. Die Auseinandersetzung mit den eigenen Schwächen ist eben nicht sehr populär“, erklärt er den Unterschied von individueller Höchstleistung und einer technisch fein austarierten Judo Rangelei.
Über die feinen Unterschiede japanischer Kampfsportarten wusste in den siebziger Jahren hierzulande noch kaum jemand Bescheid. „Viele haben David Carradine in der Fernsehserie ,Kung-Fu‘ gesehen und kamen dann zum Judo“, erinnert sich Olaf. Einige aus der Generation der Baby-Boomer brachten es dann nur bis zum gelben Gürtel, andere blieben ihr Leben lang dabei.
Als Meister trägt Lars heute den sechsten Dan Gürtel. Drei Knieoperationen hat er hinter sich. Auch die Fingergelenke und die Schultern machen sich langsam bemerkbar. Trotzdem will der Trainer der Freitagsgruppe auch in gut zehn Jahren, mit dann 75, noch auf der Matte stehen. Lars Lange ist überzeugt, dass man Judo bis ins hohe Alter praktizieren kann. Weil man nicht nur körperlich, sondern auch geistig daran wächst: „Mit 40 dachte ich, jetzt habe ich das alles kapiert und mit 45 war ich wieder ein Stück weiter. Mit 50 ist man konditionell nicht mehr so fit, aber die Erfahrung und das Verstehen von Judo, das gelingt über Jahrzehnte“ sagt er.

Zahlen konstant: JGS hat mehr als 300 Mitglieder

Lautet die richtige Frage also: „Kämpfst du noch oder trainierst du schon?“ Kann man so sehen, sagen die Experten. Auch bei Techniken, die sie seit Jahrzehnten beherrschen, lernt jeder von ihnen durch das Training wieder Neues dazu. Das bestätigt auch Florian Hahn. Seit mehr als 20 Jahren als Trainer bei der JGS dabei und 2023 mit der Auszeichnung „Trainer des Jahres“ geehrt, hat er die Kampfkunst mit Hilfe von Lars Lange für sich perfektioniert.
Hahn weiß auch, warum die Mitgliedszahlen bis heute konstant bleiben und die JGS mit mehr als 300 Mitgliedern, darunter viele erfolgreiche Mädchen und Damen, der größte Judoverein im Osten Hamburgs ist: „Es sind diese drei Brüder, die seit 50 Jahren auf der Matte stehen und das Ding zusammenhalten. Unglaublich, wie viele junge Menschen sie im Judo und in ihrer Persönlichkeitsentwicklung weitergebracht haben.“
 

Text/Bild: Bergerdorfer Lokalzeitung, Martina Kalweit

 

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Download: Zeitungsbericht Lange Brueder aus Hamburg.pdf

 

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